Interkulturalität der Versorgung am Lebensende - Anspruch und Wirklichkeit aus einer organisationsethischen Perspektive
Freie Universität Berlin
Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie
Arbeitsbereich Qualitative Sozial- und Bildungsforschung
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Gesundheit aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert (Projektlaufzeit März 2017 - Dezember 2019).
Angesichts der wachsenden und zunehmend alternden Bevölkerung gewinnen Fragen sozialer Gerechtigkeit bei der Verteilung zur Verfügung stehender Ressourcen im Gesundheitswesen, des Respekts unterschiedlicher Wertvorstellungen und des Umgangs mit interkulturellen Konflikten aus ethischer Perspektive immer mehr Bedeutung. Vor dem Hintergrund fehlender Chancengleichheit in der pflegerischen und hospizlichen Versorgung am Lebensende u.a. für Menschen mit Migrationshintergrund und dabei oft unzureichenden Strukturen zur Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen stellt sich die Frage nach möglichen Ursachen und geeigneten Lösungsansätzen.
Daher möchten wir aus einer ressourcenorientierten als auch machtkritischen Perspektive rekonstruieren, welchen Stellenwert kulturelle Diversität der alternden Gesellschaft bisher in den wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Diskursen einnimmt, wie verantwortliche Akteure in Organisationen der Versorgung am Lebensende diese wahrnehmen und wie sich Vorstellungen von Sterbenden und Angehörigen im Diskurs und den Organisationen widerspiegeln. Aus einer organisationsethischen Perspektive wird untersucht, ob und in welcher Weise Interkulturalität als normatives Konzept einen Beitrag für eine gute und gerechte Versorgung leisten kann.
Für ein umfassendes Verständnis ethischer Aspekte einer interkulturellen Gestaltung der Versorgung werden, begleitet von philosophischen Fachgesprächen, unterschiedliche qualitative methodische Ansätze miteinander trianguliert.
Hinsichtlich der normativen Konzepte von Sterbenden und Angehörigen mit und ohne Migrationshintergrund zu ihren Erwartungen an die gesundheitliche, pflegerische und familiäre Versorgung am Lebensende werden Daten aus einem vorherigen Projekt einer Sekundäranalyse unterzogen. Eine kritische Diskursanalyse von wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Dokumenten u.a. zu gesetzlichen Neuregelungen des SGB XI soll rekonstruieren, wie sich diskursive Praktiken und normative Konzepte in den gesundheitspolitischen Diskursen auf die gesetzlichen und strukturellen Rahmenbedingungen der pflegerischen und hospizlichen Versorgung am Lebensende auswirken. Darauf bezogen werden die Ergebnisse von ExpertInneninterviews mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Bedeutung von Gemeinsamkeiten, Differenzen und möglichen Diskrepanzen von Wert-Orientierungen und Führungskräften zu deren sozialen Repräsentationen ethischer Verantwortung als Akteure in Organisationen und ihrer Rolle bei der Versorgungsgestaltung.
Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund differenter ethischer Ansätze interpretiert. Sie fließen in ein Diskussionspapier, um Impulse für den weiteren gesundheitspolitischen Diskurs zu geben, und die Konzeption praxisorientierter Ansätze ein, die aus organisationsethischer Perspektive geeignet sind, zu einer gelingenden Versorgung am Lebensende in einer in kultureller Diversität alternden Gesellschaft beizutragen.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert.
Migala, S., & Flick, U. (2018). Individual Needs, Cultural Barriers, Public Discourses. Taking Qualitative Inquiry into the Public Sphere. In N. K. Denzin, & M. D. Giardina (Eds.), Qualitative Inquiry in the Public Sphere (pp. 90–107). London: Routledge.
Migala, S., & Flick, U. (2018). Cultural and Individual Barriers to Palliative Care From Different Angles: Data Triangulation in Practice. Qualitative Inquiry, (Online First).
Vorträge
Migala, S., & Flick, U. (2017): Altern und Sterben in Diversität – Implikationen einer intersektionalen Perspektive für die Analyse gesundheitspolitischer Diskurse. Vortrag bei der gemeinsamen Jahrestagung der Sektionen III und IV der DGGG, 29. September 2017, Fulda.