Elterliches Vertrauen in Schule und Lehrkräfte und dessen Entwicklung. Eine qualitative Längsschnittstudie am Übergang von der Grund- in die weiterführende Schule
(2024-2027, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft)
Vertrauen ist ein voraussetzungsreiches Merkmal der Qualität sozialer Beziehungen, das aber bislang kaum hinsichtlich seiner Entwicklung im Zeitverlauf untersucht wird. Ein geeigneter Gegenstand, um die Entwicklung von Vertrauen zu untersuchen, ist der Bildungsübergang von der Grund- in die weiterführende Schule. Dieser muss auch von Eltern gestaltet und bewältigt werden. An diesem Übergang sind Eltern dazu aufgefordert, mit der Wahl einer Schulart für die weiterführende Schule weitreichende Entscheidungen für die Bildungsbiografie ihres Kindes zu treffen. Insofern kann der Übergang als eine in kognitiver, emotionaler und motivationaler Hinsicht herausfordernde Situation betrachtet werden. Um solch eine Situation zu bewältigen, ist aus vertrauenstheoretischer Sicht Vertrauen eine funktionale Ressource; allerdings ist eine solche Situation auch eine Kontextveränderung, die das komplexe Zusammenspiel personaler und situationaler Aspekte des Vertrauens herausfordert.
Das Projekt geht vor diesen Hintergründen der Frage nach, wie Eltern sich in ihrem Vertrauen zu Schule und Lehrkräften unterscheiden, welche Ereignisse und Erfahrungen aus Sicht von Eltern für ihr Vertrauen relevant sind und wie sich ihr Vertrauen im Lauf der Zeit entwickelt. Ziel ist es, Typen elterlichen Vertrauens in Schulen und Lehrkräfte zu erschließen. Dazu wird eine qualitative Längsschnittstudie durchgeführt, bei der in unterschiedlichen Berliner Bezirken zu drei Erhebungszeitpunkten (vor der Übergangsentscheidung, kurz nach und ein Jahr nach dem Übergang) episodische Interviews mit Elternteilen geführt und qualitativ-inhaltsanalytisch ausgewertet werden. Inhaltlich schließt das Vorhaben an den differenzierten Stand der Vertrauensforschung, die Forschung zur Beziehung zwischen Elternhaus und Schule und die Übergangsforschung an. In theoretischer Hinsicht basiert es auf einem heuristischen Modell des Vertrauens, das die differentielle Vertrauenstheorie und das Modell habituellen Vertrauens miteinander verknüpft. Mit der Erschließung von Bedingungen und daran anschließenden Prozesstypen elterlichen Vertrauens werden bestehende Vertrauensmodelle mit theoretisch und empirisch fundierten neuen Erkenntnissen zum Zusammenspiel kognitiver, emotionaler und motivationaler Aspekte von Vertrauen und dessen Entwicklung erweitert. Die Ergebnisse des Vorhabens werden einen Beitrag zur weiteren Entwicklung der Forschung zur Qualität der Beziehung zwischen Elternhaus und Schule und zu einem in der Übergangsforschung kaum berücksichtigten familialen Prozessmerkmal leisten.