ZLP-Zukunftsfähige Lehrprofessionalität
Zukunftsfähige Lehrprofessionalität
ProjektumsetzungFreie Universität Berlin, Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie, Grundschulpädagogik, Sachunterricht und seine Didaktik
Projektleitung: Wanda Möller - wanda.moeller@fu-berlin.de
Kurzbeschreibung
Bildung ist ein zentrales Thema mit weitreichenden Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, wobei Lehrende und ihre professionellen Handlungskompetenzen ein entscheidender Faktor sind. Dieses Projekt untersucht kritisch die bestehenden Kompetenzmodelle für Lehrkräfte im Kontext aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen wie bspw. Digitalisierung und Klimakrise, um relevante neue Kompetenzfacetten zu identifizieren und ein erweitertes Modell für die universitäre Lehrkräftebildung zu entwickeln und zu bewerten.
Dafür sind ein professionsorientiertes Kompetenzmodell für die zukunftsfähige Lehre, ein daraus abgeleitetes (inter-)aktives Reflexionsportfolio für die zukunftsfähige Lehre, ein unterstützendes Workbook zur Reflexion der eigenen Lehre mit textgenerativer KI entstanden, die hier vorgestellt werden.
Projektteile
- Das professionsorientierte Kompetenzmodell für die zukunftsfähige Lehre
- Das (inter-)aktive Reflexionsportfolio für die zukunftsfähige Lehre
- Lehre Reflektieren mit generativer KI
- Futures Literacy als Grundkompetenz in Lehrberufen
Hintergrund
Bildung ist ein relevantes Thema in unserem gesellschaftlichem Kontext. Sie hat vielfältige direkte und indirekte Auswirkungen auf unsere aktuelle Gesellschaft, aber auch auf die Entwicklung unserer Gesellschaft (bspw. UNESCO, 2015; OECD, 2018; Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020; Europäische Kommission, 2017). Einer der wichtigsten Einflussfaktoren in der Bildung sind die Lehrkräfte und ihre professionellen Handlungsfähigkeiten in ihrem beruflichen Wirken (bspw. ZlatkinTroitschanskaia et al., 2009; Hattie, 2009; Ditton, 2007; Tomlinson, 2001; Dewey, 1916; Chetty et al., 2014; Field, 2006; Schaper, 2009; Helmke, 2009). Viele Forschungsbestrebungen zielen darauf, theoretisch und empirisch zu erfassen, wie professionelles Handeln Lehrender beschrieben, kontextualisiert, gemessen und entwickelt werden kann (zusammenfassend Winteler & Forster, 2007). Dies schlägt sich in letzter Zeit in einer vermehrten Rekurrierung auf den kompetenzorientierten Ansatz nieder und hat zur Etablierung von Kompetenzmodellen in der Lehrkräfteaus und weiterbildung geführt (bspw. Baumert & Kunter, 2006; Helmke, 2009; Blömeke et al., 2015). In einem Bildungsverständnis, das auf die mündige Teilhabe der Bildungsteilnehmenden auch im Kontext aktueller Herausforderungen und zukünftiger Entwicklungen zielt, sollten diese Kompetenzmodelle entsprechend auf ihre Fehlstellen hin überprüft werden.
Dieses Projekt versucht mittels eines kritischen Diskurses über Genese, Kontext und Wirkung von bisherigen Kompetenzmodellen für Lehrkräfte, aktuell öffentlich diskutierten gesellschaftlichen Herausforderungen und Transformationen (bspw. Digitalisierung, Globalisierung, Klimakrise) sowie den entsprechend dafür notwendig erachteten Kompetenzfacetten (meist benannt als Future Skills) (bspw. Schlaeger & Tenorth, 2020; Huber, 2016; 2019; Ehlers, 2020; Wild et al., 2018; Stifterverband & McKinsey, 2021; OECD, 2020) zu einer Einschätzung zu gelangen, welche der diskutierten neuen Kompetenzfacetten als relevant gelten können, um auf dieser theoretischer Grundlage ein entsprechend erweitertes Kompetenzmodell zu erarbeitet und in einem DelphiVerfahren in einem Mixed Methods Design von Bildungsexpert*innen prüfen und bewerten zu lassen. Die Ergebnis werden auf Relevanz und Implementierungsmöglichkeiten in der universitären Lehrkräftebildung diskutiert.
In der Annahme, dass professionelle Kompetenzen erlern- und trainierbar sind, bildet die Vermittlung von Professionswissen, als eine Säule der professionellen Kompetenzen einer Lehrkraft, den Kern des universitären Studiums. Neben Wissen werden jedoch auch Komponenten, bspw. in den Bereichen Haltung (motivational, affektive Orientierung, Haltungen, Werte und Überzeugungen), Interaktion (z.B. soziale, kommunikative und systemische Kompetenzen) und Basiskompetenzen (z. B. Wahrnehmungs- und Reflexionskompetenzen) als zentrale Aspekte der Lehrkraftprofessionalisierung benannt (s. bspw. Baumert & Kunter 2011; Kuhl et al. 2014). Die Förderung der Kompetenzen in diesem Bereich bedarf nicht nur einer Wissensvermittlung, sondern auch die Schaffung eines Erfahrungs- und Reflexionsraumes. Hierzu kommt der Hochschule, als erste bedeutende Institution im Professionalisierungsprozess von Lehrpersonen, eine entscheidende Bedeutung zu.
Projektideen
- Das professionsorientierte Kompetenzmodell für die zukunftsfähige Lehre
Die Profession der Lehrtätigkeit in Bildungseinrichtungen konstituiert sich aus individuellen Möglichkeiten inklusive der Motivation und dem Willen zur situationsangemessenen und zielgerechten Umsetzung von Bildungsaufgaben mit heterogenen Bildungsteilnehmenden, in einem variablen, von unterschiedlichsten Einflüssen geprägtem und störanfälligem Kontext, der auf Grundlage situativer Variablen, theoretischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse und der eigenen Möglichkeiten zwischen all diesen Variablen ausgehandelt werden muss. > Diese Komplexität, die sich durch verschiedene Ansprüche und Einflüsse speist, ist die Basis, auf der Lehrprofessionalität aufgebaut ist und mit der sie umgehen muss. Dies alles bewegt sich in einem gesellschaftsrelevanten Rahmen und wird auch durch gesellschaftliche Veränderungen, wie wir sie gerade erleben, beeinflusst und muss diesen Rechnung tragen.
Zur Annäherung an dieses komplexe Konstrukt in unserer aktuellen Zeit, zeigt das hier erarbeitete Modell ein breites Spektrum von Kompetenzfacetten auf und beinhaltet auch aktuell diskutierte Themen. Es verbindet verschiedene theoretische und validierte Kompetenzmodelle und -facetten (Baumert & Kunter, 2006; Shulman, 1986; 1987; Zlatkin-Troitschanskaia et al., 2009; Lipowsky, 2006; Kuhl et al., 2014), um eine Ganzheitlichkeit darzustellen. Die einzelnen Facetten sind für eine Übersichtlichkeit in Bereiche untergliedert, die theoretisch nicht immer adäquat abgrenzbar sind und sich meist gegenseitig bedingen. Auch bedürfen Handlungen in der Lehre immer mehrerer Kompetenzfacetten.
Die Darstellung und ihre Beschreibung soll einem vertieften Verstehen über diese Kompetenzfacetten dienen und somit eine umfassende Reflexion über die eigene Lehre, vor allem über die eigene zukunftsfähige Lehre anregen. Für diesen Zweck werden Begrifflichkeiten nicht immer ganz trennscharf genutzt und orientieren sich an aktuellen Debatten.
2. Das (inter-)aktive Reflexionsportfolio für die zukunftsfähige Lehre
Das (inter-)aktive Reflexionsportfolio ist auf der Grundlage des professionsorientierten Kompetenzmodelles für die zukunftsfähige Lehre entstanden und dient der systematisierten Reflexion der beinhalteten Kompetenzfacetten. Aktuell ist dies für Lehramtsstudierende konzipiert.
Das Reflexionsportfolio kann gern angefragt werden.
3. Lehre Reflektieren mit generativer KI
Zur Unterstützung der systematisierten Reflexion finde Sie hier ein Workbook zum Reflektieren der eigenen Lehre mit einem textgenerativem KI-Tool. Das Workbook beinhaltet Mega-Prompts zu den Themen:
- die Reflexion über bestimmte Kompetenzen die für Lehrende und Studierende Lehramtes notwendig sind
- die Reflexion über bestimmte Probleme oder ‚Störungen‘ in der Lehre
- die Reflexion über bestimmte Situationen und ihre Akteur*innen (Perspektiven)
- die Reflexion über Ihre Einstellungen (Meinungen, Werte)
4. Futures Literacy als Grundkompetenz in Lehrberufen
Erscheint demnächst
Projektziele
Diese Kombination soll zu einer konstruktivistischen Erarbeitung zukunftsfähiger Kompetenzen, einer Fachidentität und zu einem vertieften Verständnis von zukunftsfähiger Lehre und Unterricht beitragen.
Das Projekt soll Hochschullehrende, Lehrkräfte und Lehramtsstudierende dabei unterstützen, ihre Lehre und ihren Unterricht vertiefter reflektieren zu können.
Als übergeordnetes Ziel wird eine reflektierte und professionsorientierte Handlungsfähigkeit von (angehenden) Lehrenden in aktuell und zukünftig hochemergenten Kontexten gesehen.
Projektveröffentlichungen
- Möller, W. (2023). Ein professionsorientiertes Kompetenzmodell für die zukunftsfähige Lehre. Workingpaper. Universität Rostock, https://doi.org/10.18453/rosdok_id00004412 Unter: https://www.researchgate.net/publication/373682598_Ein_professionsorientiertes_Kompetenzmodell_fur_die_zukunftsfahige_Lehre
- Möller, W. (2024): Ein professionsorientiertes Kompetenzmodell für die zukunftsfähige Hochschullehre. Beitrag im Abstractband der 5. interdisziplinäre Konferenz des DocColloqs für Promovierende & Promotionsinteressierte: Für die Zukunft. Lernen, forschen, leben –Universität Trier, Trier. Unter: https://www.researchgate.net/publication/378931182_Fur_die_Zukunft_-_Lernen_forschen_leben
- Möller, W. (2024). (Hochschul-) Lehre reflektieren mit textgenerativer KI - „Reflect Me“. Workbook. Freie Universität Berlin. DOI: 10.17169/refubium-43452. Unter: https://www.researchgate.net/publication/381186798_Hochschul-_Lehre_reflektieren_mit_textgenerativer_KI
- Möller, W. (2024). #AndYou? - Wie sieht deine Zukunft unter der Regierung verschiedener Parteien aus? Politisches Weiterdenken: Futures Literacy Prompts im Kontext politischer Bildung. Workbook. Freie Universität Berlin. DOI: 10.17169/refubium-43757. Unter: https://www.researchgate.net/publication/381953749_AndYou_-_Wie_sieht_deine_Zukunft_unter_der_Regierung_verschiedener_Parteien_aus_Politisches_Weiterdenken_Futures_Literacy_Prompts_im_Kontext_politischer_Bildung
- Möller, W. (2024). #AndYourSchool? - Politisches Weiterdenken anregen: Futures Literacy Prompts im Kontext politischer Bildung. Workbook. Freie Universität Berlin. DOI: . Unter:Hochschulforum Digitalisierung (in Vorbereitung). Handbuch zur Erstellung eines Portfolios zur Reflexion der eigenen (zukunftsgerichteten) Lehre (erscheint voraussichtlich 07.24).
Quellen
Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2020). Bildung in Deutschland 2020: Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt. (https://www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht- 2020/pdf-bildungsbericht-2020/bildungsbericht-2020.pdf). (22.02.2023)
Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), S. 469-520.
Baumert, J. & Kunter, M. (2011). Das Kompetenzmodell von COACTIV. In M. Kunter, J. Baumert, W. Blum, U. Klusmann, S. Krauss & M. Neubrand (Hrsg.), Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann, S. 29–53.
Blömeke, S., Gustafsson, J.-E., & Shavelson, R. J. (2015). Beyond dichotomies: Competence viewed as a continuum. Zeitschrift für Psychologie, 223(1), 3-13.
Chetty, R., Friedman, J. N., & Rockoff, J. E. (2014). Measuring the Impacts of Teachers II: Teacher Value-Added and Student Outcomes in Adulthood. American Economic Review.
Dewey, J. (1916). Democracy and Education: An Introduction to the Philosophy of Education. New York: Macmillan.
Ditton, H. (2007). Übergänge im Bildungswesen. Münster: Waxmann.
Ehlers, U. D. (2020). Future Skills: Lernen der Zukunft-Hochschule der Zukunft. Wiesbaden: Springer Nature.
Europäische Kommission (2017). Communication on Strengthening European Identity through Education and Culture. (https://eur- lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A52017DC0673). (30.06.2023).
Field, J. (2006). Lifelong Learning and the New Educational Order. Trentham Books.
Hattie, J. (2009). Visible Learning: A Synthesis of Over 800 Meta-Analyses Relating to Achievement. London: Routledge.
Helmke, A. (2009). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität: Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Seelze-Velber: Kallmeyer.
Huber, L. (2016). „Studium Generale“ oder „Schlüsselqualifikationen“? Ein Orientierungsversuch im Feld der Hochschulbildung. In U. Konnertz & S. Mühleisen (Hrsg.), Bildung und Schlüsselqualifikationen. Zur Rolle der Schlüsselqualifikationen an den Universitäten (S. 101–122). Frankfurt am Main: Peter Lang.
Huber, L. (2019). Bildung durch Wissenschaft als Qualität des Studiums. In: Das Hochschulwesen (67), 154–159.
Kuhl et al. (2014). Professionelle pädagogische Haltung. In C. Schwer & C. Solzbacher (Hrsg.), Professionelle pädagogische Haltung. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
Lipowsky, F. (2006). Auf den Lehrer kommt es an - Empirische Evidenzen für Zusammenhänge zwischen Lehrerkompetenzen, Lehrerhandeln und dem Lernen der Schüler. In C. Allemann-Ghionda & E. Terhart (Hrsg.), Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern: Ausbildung und Beruf. Zeitschrift für Pädagogik, 51. Beiheft, 47-70.
OECD (2018). Preparing our youth for an inclusive and sustainable world: the OECD PISA global competence framework. Verfügbar unter: http://www.oecd.org/pisa/Handbook[1]PISA-2018-Global-Competence.pdf [26.07.2023].
OECD Lernkompass 2030 (2020). OECD-Project Future of Education and Skills 2030. Rahmenkonzept des Lernens. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, Deutsche Telekom Stiftung, Education Y e.V., Global Goals Curriculum e.V., Siemens Stiftung. 2030.
Schaper, N. (2009). Aufgabenfelder und Perspektiven bei der Kompetenzmodellierung und - messung in der Lehrerbildung. In: Lehrerbildung auf dem Prüfstand 2 (2009) 1, S. 166-199 - DOI: 10.25656/01:14697
Schlaeger, J., Tenorth, H-E. (2020). Bildung durch Wissenschaft. Berlin: Berliner Wissenschafts-Verlag.
Shulman, L. S. (1986). Those Who Understand: Knowledge Growth in Teaching. In: Educational Researcher, 15(2), 4-14.
Shulman, L. S. (1987). Knowledge and teaching: Foundations of the new reform. Harvard Educational Review, 57, 1-22.
Stifterverband & McKinsey (2021). Future Skills 2021. 21 Kompetenzen für eine Welt im Wandel. Essen: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
Tomlinson, C. A. (2001). How to Differentiate Instruction in Mixed-Ability Classrooms. ASCD.
UNESCO (2015). Education 2030: Incheon Declaration and Framework for Action - Towards inclusive and equitable quality education and lifelong learning for all. (https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000245656). (26.05.2023)
Wild, S., Deuer, E. & Pohlenz, P. (2018). Studienerfolgsverständnis von hauptamtlichen Lehrkräften im Studienbereich Wirtschaft der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) – Ein Typisierungsversuch. Zeitschrift für Evaluation - ZfEv, 17(2), 269–288.
Winteler, A. & Forster, P. (2007). Wer sagt, was gute Lehre ist? Evidenzbasiertes Lehren und Lernen. Das Hochschulwesen, 55 (4), 102-109.
Zlatkin-Troitschanskaia, O., Beck, K., Sembill, D., Nickolaus, R. & Mulder, R. (2009). Lehrprofessionalität: Bedingungen, Genese, Wirkungen und ihre Messung. Weinheim: Beltz.