Was ist Zukunftsforschung?
Zukunftsforschung ist die wissenschaftliche Analyse von Zukunftsbildern. Sie beschäftigt sich mit möglichen, wahrscheinlichen und wünschbaren zukünftigen Entwicklungen. Denn auch wenn sich die Zukunft nicht vorhersehen lässt, zeichnen sich einerseits schon heute wichtige Entwicklungsstrukturen in ihren Grundzügen ab, andererseits beeinflussen unsere Zukunftsvorstellungen die Art und Weise, wie wir heute leben.
Durch die Ergebnisse aus der Zukunftsforschung werden mögliche, wahrscheinliche und wünschbare - oder vermeidenswerte - Zukünfte in ihrer Vielfalt sichtbar gemacht und zur Diskussion gestellt. So wird nicht zuletzt die Aufmerksamkeit relevanter Zielgruppen auf wichtige Zukunftsthemen gelenkt und die Beschäftigung mit diesen Themen veranlasst. Zukunftsforschung ist also keine reine Bestandsaufnahme, sondern setzt Impulse, regt Diskussionen an und lädt ein zu Perspektivenwechsel und zu einem Denken in Alternativen.
Ein steigender Bedarf an Zukunftsforschung begründet sich durch demographische, gesellschaftliche, politische, ökologische, technische und wirtschaftliche Veränderungsprozesse und die von ihnen ausgelöste Dynamik, die die Entwicklungsgeschwindigkeiten früherer Zeiten bei weitem übersteigt und in unserer (Nicht-)Wissensgesellschaft von großer Unsicherheit geprägt ist. Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch jede und jeder Einzelne werden durch diese Dynamik, die Ausweitung der Handlungsmöglichkeiten und durch das Bewusstsein, dass die künftigen Entwicklungen eine aktive Gestaltung erfordern, vor große Herausforderungen gestellt. Universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Forschungsabteilungen privatwirtschaftlicher Unternehmen und gesellschaftspolitische Think Tanks betreiben zukunftsbezogene Forschung, um diesen Bedarf zu decken.
Das Selbstverständnis der wissenschaftlichen Zukunftsforschung
Zukunftsforschung ist nach ihrem Selbstverständnis notwendigerweise inter- und transdisziplinär. Forscherinnen und Forscher aus Pädagogik, Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaft, Sprachwissenschaften, Ökonomie und Ingenieurswissenschaften treffen in ihren Projekten auf politische Entscheidungsträger, sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und öffentlichen Einrichtungen. Als transformative Wissenschaft setzt die Zukunftsforschung auf die Entwicklung von Handlungswissen, um Akteure unterschiedlicher Einsatzfelder und die Gesellschaft als Ganzes zu befähigen, verantwortliche Entscheidungen in der Gegenwart zu treffen.
Die Methoden der Zukunftsforschung
Zum Einsatz kommen sowohl quantitative als auch qualitative Ansätze. Neben tradionell in der Zukunftsforschung verwendeten Methoden wie der Delphi-Methode, der Szenariotechnik, der Leitbildanalyse, Roadmaps und verschiedenen Verfahren der partizipativen Zukunftsgestaltung wie etwa der Zukunftswerkstatt oder des Design Thinking, greift die Zukunftsforschung abhängig von der jeweiligen Fragestellung auf das reiche Methodenrepertoire sämtlicher (sozial-natur- und computer-))wissenschaftlicher Disziplinen zurück und es kommen z.B. Netzwerk- und Diskursanalyse oder verschiedene Modellierungsverfahren zum Einsatz. Unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Kriterien wird in der Regel auf Triangulation & Mixed-Methods-Ansätze zurückgegriffen, um einerseits die Perspektive durch den Einsatz mehrerer Methoden zu erweitern, andererseits um den vielfältigen (Implementations- und Verwertungs-) Zielen transdisziplinärer Forschung gerecht zu werden .
Lektüretipps zum Weiterlesen
Zur Genese des Studiengangs, zur Entwicklung und zu Perspektiven der Zukunftsforschung in Deutschland... und zur Entdeckung der Zukunft in der frühen Neuzeit
- de Haan, Gerd (2012): Der Masterstudiengang „Zukunftsforschung“ an der Freien Universität Berlin: Genese und Kontext*, in: R. Popp (Hrsg.), Zukunft und Wissenschaft, DOI 10.1007/978-3-642-28954-5_2, 25, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012, S. 25-33
- Helbig B., Stegmann, B. (2012) Zukünfte erforschen und gestalten - Der Masterstudiengang Zukunftsforschung*. in: Dusseldorp, M ; Beecroft, R. [Hrsg.]: Technikfolgen abschätzen lehren, Frankfurt: Springer, S. 339-355
- Seefried, Elke: Steering the future. The emergence of “Western” futures research and its production of expertise, 1950s to early 1970s. in: European Journal of Futures Research, December 2014, 2:29
- Steinmüller, Karlheinz: Zukunftsforschung in Deutschland. Versuch eines historischen Abrisses, in: Zeitschrift für Zukunftsforschung. ISSN 2195-3155, Jg. 1-3 (2012-14), Teil 1, Teil 2, Teil 3
- Popp, Reinhold: Zukunftswissenschaft & Zukunftsforschung. Grundlagen und Grundfragen. Eine Skizze, Reihe: Zukunftswissenschaft / Zukunftsforschung, Bd. 1, Lit-Verlag, 2016
- Fischer, Nele; Heiskanen-Schüttler, Maria, Holz, Jana; Popp, Reinhold und Uhl, André (Hrsg.): Einblicke - Ausblicke - Weitblicke. Aktuelle Perspektiven in der Zukunftsforschung; Reihe: Zukunftswissenschaft / Zukunftsforschung, Bd. 2, 432 S., Lit-Verlag, 2016; weitere Informationen zum Sammelband
- Hölscher, Lucian: Die Entdeckung der Zukunft. 371 S., 21 Abb., Wallstein-Verlag, (Neuauflage) 2016
iF-Schriftenreihe für Sozialwissenschaftliche Zukunftsforschung
Mit der iF-Schriftenreihe veröffentlicht das Institut Futur Arbeitsergebnisse und Analysen, die im Kontext des Instituts entstanden sind - insbesondere Abschlussarbeiten von Studierenden des weiterbildenden Masterstudiengangs Zukunftsforschung. Die aktuellen Ausgaben sind kostenfrei online einsehbar.
Fachzeitschriften in Deutschland
- European Journal of Futures Research (open access)
- Zeitschrift für Zukunftsforschung (open acces)
Schriftenreihe "Zukunft und Forschung"
- In der Schriftenreihe „Zukunft & Forschung"werden seit 2009 regelmäßig Forschungsergebnisse zu praxisrelevanten Zukunftsfragen veröffentlicht, unter anderem:
- Standards und Gütekriterien der Zukunftsforschung. Ein Handbuch für Wissenschaft und Praxis. (2015)
Zum Faltblatt "Standards und Gütekriterien der Zukunftsforschung" - Empirische Prognoseverfahren in den Sozialwissenschaften*. Wissenschaftstheoretische und methodologische Problemlagen. (2016)
- Standards und Gütekriterien der Zukunftsforschung. Ein Handbuch für Wissenschaft und Praxis. (2015)
Weiteres
Der Podcast „Wie lassen sich Krisen in Vergangenheit und Zukunft (be-)schreiben und analysieren“ vermittelt Ansätze und Perspektiven der Zukunftsforschung. In dem interdisziplinären Dialog diskutieren Sascha Dannenberg und Karolin Wetjen auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Geschichtswissenschaft und Zukunftsforschung.
Das Video "An Introduction to the future VSI" motiviert zum Denken in Zukünften.