Aus dem Bereich Evaluation: Studiengänge unter der Lupe – Die zentralen Studierendenbefragungen als Teil der Qualitätssicherung in Studium und Lehre
08.12.2021
Woher wissen wir, ob ein Studiengang „gut“ ist? Um sich dieser Frage anzunähern, führt die Arbeitsstelle Lehr- und Studienqualität in regelmäßigen Abständen Befragungen der Bachelor- und Masterstudierenden durch. Der Fragebogen basiert auf einem Modell des Studienerfolgs und erfasst neben Einschätzungen des Studienangebots und der Studienbedingungen auch das Studierverhalten und die Lernerfahrungen der Studierenden sowie subjektive Einschätzungen des Studienerfolgs. Die Ergebnisse werden den Fachbereichen/Zentralinstituten in Form von Fachbereichsberichten zur Verfügung gestellt und vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus anderen Qualitätssicherungsinstrumenten, wie der Ampelauswertung, dem Fachgespräch oder der Kennzahlenanalyse, für die Weiterentwicklung der Studiengänge genutzt.
Studierendenbefragungen an der Freien Universität
Durch regelmäßige Befragungen von Studierenden gewinnt die Freie Universität Berlin wesentliche Informationen für ihr Qualitätsmanagement. Seit 2006 befragt die Arbeitsstelle Lehr- und Studienqualität in einem vierjährigen Turnus alle Bachelorstudierenden sowie Master- und Lehramtsstudierende zu ihren Erfahrungen im Studium. Der Fragebogen basiert auf einem Modell des Studienerfolgs, das am Arbeitsbereich Schulpädagogik / Schulentwicklungsforschung der Freien Universität entwickelt wurde (vgl. Thiel et al. 2006). Im Zentrum des Modells (vgl. Abb. 1) stehen das Studierverhalten und die Lernerfahrungen der Studierenden. Diese werden nicht nur durch kognitive und motivationale Eingangsvoraussetzungen und die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst, sondern auch durch die Qualität des Studienangebots und die Studienbedingungen. Hierzu zählen u.a. die (wahrgenommene) Studierbarkeit, die Stimmigkeit des Studienverlaufs, das Prüfungskonzept oder auch die Betreuung und Unterstützung durch die Lehrenden. Der Studienerfolg wird über den Zuwachs an fachlichen und berufsrelevanten Kompetenzen, Noten sowie über die Studienzufriedenheit erfasst.
Abb. 1: Modell zur Erklärung des Studienerfolgs (Thiel et al., 2006)
Neben einem Kern unveränderter Fragen wird der Fragebogen kontinuierlich angepasst und um jeweils aktuelle Fragen ergänzt. Wenn dies gewünscht ist, werden auch fachbereichs- oder institutsspezifische Erkenntnisinteressen berücksichtigt.
Im Anschluss an die Befragung werden den Fachbereichen und Zentralinstituten Fachbereichsberichte mit den studiengangs- und fachbereichsbezogenen Ergebnissen zur Verfügung gestellt, in denen auffällige Befunde gekennzeichnet sind. Die Auffälligkeiten bei den studiengangsbezogenen Befunden werden auch an die Abteilung für Lehr- und Studienangelegenheiten sowie das Präsidium übermittelt.
Welche weiteren Instrumente der Qualitätssicherung in Studium und Lehre gibt es?
Die Zentralen Befragungen liefern also wichtige Erkenntnisse bezüglich der Studiengangskonstruktion und deren Umsetzung in konkreten Lern- und Studienbedingungen. Die Frage nach der Qualität eines Studiengangs berührt jedoch noch weitere Dimensionen, die im Rahmen der Systemakkreditierung im Jahr 2016 für die Freie Universität definiert wurden. Dazu gehören beispielsweise auch ein stimmig aufgebautes, fachwissenschaftlich aktuelles und an gesellschaftlichen Bedarfen orientiertes Studiengangskonzept sowie der Erwerb spezifischer Qualifikationsprofile. Um die verschiedenen Dimensionen und Aspekte der Studienqualität aus unterschiedlicher Perspektive gezielt in den Blick nehmen zu können, kommen an der FU Berlin neben den Zentralen Befragungen weitere Instrumente der Qualitätssicherung zum Einsatz.
So werden im Fachgespräch unter Einbindung externer Fachvertreter:innen, Berufspraktiker:innen und Studierender alle acht Jahre Aktualität und Adäquanz der Fachinhalte, die Kohärenz des Studienaufbaus und die Berücksichtigung des Praxisbezugs im Studiengangskonzept unter die Lupe genommen. Diese primär fachlich-inhaltliche Prüfung wird durch die Ampelauswertung ergänzt, im Rahmen derer die Studien- und Prüfungsordnungen hinsichtlich formal-konzeptioneller Aspekte bewertet werden. Bei der Kennzahlenanalyse steht hingegen der Studienverlauf im Fokus. Anhand einer Betrachtung von Kohortenanalysen im Zeitverlauf lassen sich Rückschlüsse auf die Studierbarkeit oder eventuelle Stolpersteine im Curriculum ziehen. Die didaktische Gestaltung einzelner Lehrveranstaltungen sowie die studentische Beurteilung der Lehrqualität ist Gegenstand der Lehrevaluation. Die Befragung der Absolvent:innen schließlich ergänzt die Reflexion der Studienqualität hinsichtlich einer retrospektiven Beurteilung des Studiums sowie Einschätzungen zum Erwerb (berufsrelevanter) Kompetenzen und Qualifikationen durch die Befragten.
Wie werden die Ergebnisse für die Qualitätsentwicklung genutzt?
Auf der Basis der fachbereichs- und studiengangsbezogenen Ergebnisse der Studierendenbefragungen beraten Gremien in den Fachbereichen und Zentralinstituten über Maßnahmen zur Verbesserung der Studienbedingungen und der Weiterentwicklung der Studiengänge. Die Ergebnisse werden beispielsweise im Fachbereichsrat bzw. Institutsrat oder auch in der Ausbildungskommission oder in den jeweiligen Prüfungsausschüssen diskutiert. Die Auseinandersetzung mit den Befragungsergebnissen in den Fachbereichen/Zentralinstituten und die Ableitung von Maßnahmen erfolgt dabei immer auch unter Einbezug weiterer Indikatoren der Qualität von Studium und Lehre sowie der Ergebnisse aus anderen Instrumenten der Qualitätssicherung. So werden Studierende in den Zentralen Befragungen beispielsweise nach Gründen für die Überschreitung der Regelstudienzeit befragt. Sollte die Auswertung hochschulstatistischer Kennzahlen darauf hinweisen, dass Studierende in einem spezifischen Studiengang überdurchschnittlich häufig die Regelstudienzeit überschreiten, können die Befragungsergebnisse Hinweise auf mögliche Ursachen liefern.
Die Ergebnisse der verschiedenen Qualitätssicherungsverfahren, die Benennung besonderer Stärken und Schwächen eines Studiengangs sowie die Erörterung von Ursachen und die Darstellung von Verbesserungsmaßnahmen erfolgt alle acht Jahre im studiengangsbezogenen Qualitätsbericht. Indem sich in regelhaften Prozessen Studierende, externe und interne Fachexpert:innen, Berufspraktiker:innen und Mitglieder der Universitätsverwaltung mit einem Studiengang beschäftigen, werden also unterschiedliche Perspektiven auf die Studienqualität berücksichtigt, zueinander in Beziehung gesetzt und für die Weiterentwicklung der Studiengänge genutzt.
In den letzten Jahren haben Diskussionen in Fachbereichs- / Institutsräten sowie den zuständigen Ausbildungskommissionen unter anderem zur Überarbeitung des Prüfungskonzepts und der Anpassung des Workloads, zur Erhöhung der Wahlfreiheit und zur stärkeren Flexibilisierung im Studienverlauf, zur Erhöhung des Praxisbezugs durch die Neukonzeption von Modulen oder zum Aufbau eines Beratungs- und Unterstützungsangebots für Langzeitstudierende geführt.