Leistungsbezogene Stratifikation im Mathematikunterricht / The Emergence of Disparity in Mathematics Performance
Im Mathematikunterricht werden in neu zusammen gesetzten Klassen schon nach kurzer Zeit für Lehrer und Schüler Leistungsdifferenzen sichtbar. Dies gilt insbesondere auch am Anfang der Sekundarstufe, wenn Lehrperson und Schüler in der weiterführenden Schule neu zusammenkommen. Es wird von der theoretischen Annahme ausgegangen, dass diese schulischen Disparitäten keine präzisen Abbilder unterschiedlicher kognitiver Fähigkeiten sind, sondern auch sekundäre Dispositionen abbilden. Leistungsdifferenzen werden in der sozialen Praxis des Fachunterrichts nicht nur sichtbar, sondern auch in dessen Unterrichtsinteraktionen vermittelt. Die Analyse der interaktionalen Dynamik, die im Klassenzimmer zur Markierung und zur Konstruktion von Leistungsdisparität beiträgt, ist ein Forschungsdesiderat. Dieses greifen wir in unserem inter-kulturell vergleichenden Forschungsprogramm auf und stellen folgende Fragen in den Vordergrund: Welche Mechanismen der Unterrichtsinteraktion ermöglichen die leistungsbezogene Stratifikation von Schülergruppen im Mathematikunterricht? Wie sind diese Mechanismen in vergleichsweise leistungshomogenen und leistungsheterogenen Schulklassen ausgeprägt? Uns interessiert darüber hinaus, in welchen Zusammenhang die durch die interaktiven Mechanismen markierten Leistungsdifferenzen zur Sozialschicht der Schüler stehen? Wir beziehen uns dazu auf die bildungssoziologische Position Basil Bernsteins, aus der gefolgert werden kann, dass die Erschließung dieser Mechanismen nicht allen Schülern in der gleichen Weise und im gleichen Umfang möglich ist. Hieraus resultieren womöglich Leistungsdifferenzen, die nicht allein als Unterschiede der mathematischen Kompetenz erklärbar sind. Durch den inter-kulturellen Vergleich erhoffen wir uns einen Einblick in die diesbezüglichen Effekte selektiver und inklusiver Schulsysteme.
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