Leitlinien in der Medizin - Ansichten Berliner Hausärzte
- Finanzierung: Eigenmittel
- Laufzeit: April 2003 - Dezember 2003
- Projektdurchführung: Andrea Kunz (MPH)
Hintergrund:
Leitlinien werden in Anlehnung an die international gebräuchliche Definition des Institute of Medicine als "systematisch entwickelte Entscheidungshilfen über die angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen" definiert. So steht es im Leitlinienmanual, das gemeinsam von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und dem Ärztlichen Zentrum für Qualität, vormals Ärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung (ÄZQ) herausgegeben wird. Leitlinien werden u.a. folgende Ziele zugeschrieben:
- Sicherung und Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung
- Berücksichtigung systematisch entwickelter Entscheidungshilfen in der ärztlichen Berufspraxis
- Motivation zu wissenschaftlich begründeter und ökonomisch angemessener ärztlicher Vorgehensweise unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Einstellungen der Patienten
- Vermeidung unnötiger und überholter medizinischer Maßnahmen und unnötiger Kosten
- Vermeidung unerwünschter Qualitätsschwankungen im Bereich der ärztlichen Versorgung
- Information der Öffentlichkeit (Patienten, Kostenträger, Verordnungsgeber, Fachöffentlichkeit usw.) über notwendige und allgemein übliche ärztliche Maßnahmen bei speziellen Gesundheitsrisiken und Gesundheitsstörungen
Fragestellungen:
Das Hauptziel ist das Erfragen der Anwenderperspektive. Was denken die Menschen, die ja letztlich Leitlinien anwenden sollen?
Unter anderem sollen folgende einzelne Fragestellungen mit unserer Studie näher beleuchtet werden:
- Welches Problemlösungspotential wird Leitlinien zugetraut?
- Welche Sinnhaftigkeit wird Leitlinien verglichen mit anderen Informationsquellen für das Treffen medizinischer Fragestellungen zugeschrieben?
- Welche Einstellung besteht insgesamt gegenüber Leitlinien?
- Welche Leitlinien werden tatsächlich angewendet und was zeichnet diese aus?
- Welches sind die zentralen Barrieren, die einer Leitlinienanwendung im Wege stehen?
- Inwieweit sind spezielle Kenntnisse über ausgewählte Aspekte vorhanden?
- Wie ist die Einstellung gegenüber Leitlinien, die nach Kriterien der Evidence-based-Medicine erstellt werden?
Methode: Realisiert wurde eine empirische Befragung von 30 % der Berliner Hausärzte (Zufallsauswahl). Dazu wurde ein 4-seitiger Fragebogen entwickelt, der per Post verschickt wurde (N = 825) Die Adressen entstammen dem online - Arztsuchsystem, das gemeinsam von der Ärztekammer Berlin und der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin angeboten wird
Ergebnisse: An der Befragung beteiligten sich 194 Ärzte. 78% der Befragten haben sich bereits mit mind. einer Leitlinie auseinandergesetzt. Die Hälfte bewertet Leitlinien als "bequemen Ratgeber" (N = 91), 60% stimmen der Aussage zu, dass Leitlinien die Behandlungsqualität verbessert (N = 115). 39% wenden aktuell Leitlinien an (N=76).
Die Nichtanwender bewerten die Gesundheitsversorgung für nicht verbesserungsbedürftig und halten demzufolge auch Leitlinen nicht für ein probates Mittel dazu. Bestehende Informationsangebote zu Leitlinien wie bspw. die der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind einem Großteil unbekannt.
Eine ausführliche Darstellung der Studienergebnisse finden Sie hier.
Kontakt: Bei Fragen, Anregungen, Wünschen oder Kommentaren schicken Sie uns bitte eine Mail: limah@ipg-berlin.de
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