Gewinnerinnen und Gewinner des Marie-Schlei-Preises 2015
Seit 2000 vergibt der Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin den Marie Schlei – Preis.
Seit 2011 wird der Preis in zwei Kategorien vergeben, einmal als Frauenförderpreis für beste wissenschaftliche Arbeiten ohne Themenbindung, und einmal als Preis für die besten wissenschaftlichen Arbeiten mit Genderthematik, für den sich Frauen und Männer bewerben können.
Gewinnerinnen und Gewinner 2015
Frau Gerber in der Kategorie A Diplom und Masterarbeiten
Frau Lange in der Kategorie B (Gender) Diplom und Masterarbeiten
Frau Dr. Schultze-Krumbholz und Frau Dr. Widany in der Kategorie A Dissertationen (Preis wurde geteilt)
Herr Dr. Martin Latsch in der Kategorie B Dissertationen mit Genderthematik
Wir gratulieren recht herzlich!!
Kurzinformationen zu den Arbeiten und zur Auszeichnung
„Schule im Kontext sprachlicher und soziokultureller Pluralität - Perspektiven von Schülerinnen“
Frau Gerber hat in einer Grundschule drei Gruppendiskussionen mit Schülerinnen der 4.-6. Klasse durchgeführt und erhoben, wie die Schülerinnen ihren von sprachlicher und soziokultureller Pluralität geprägten Schulalltag erleben. Frau Gerber hat Ihre auf der Basis qualitativer Methoden gewonnenen Ergebnisse als Hypothesen formuliert. Eine Ihrer zentralen Hypothesen ist, dass bei Grundschülerinnen eine Normalitätsvorstellung darüber vorherrscht, welche sprachlichen und soziokulturellen Praktiken zu einer erfolgreichen Schullaufbahn führen. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund erleben Minderwertschätzung der jeweiligen Institutionen gegenüber ihrem Herkunftskontext. Diese innovative Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Perspektive von Grundschülerinnen mit Migrationshintergrund auf ihren Schulalltag beleuchtet, was bisher kaum wissenschaftlich beforscht wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass es lohnenswert ist, die Perspektive von Schülern und Schülerinnen noch stärker ins Blickfeld zu rücken und hier noch viel Erkenntnisgewinn zu erwarten ist.
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“Revisiting the glass cliff: Is the preferential selection of women for precarious leadership positions a "golden opportunity" or "drawing a blank?”
Frau Lange ist in einer experimentellen Studie einer für die Genderforschung sehr relevanten Frage nachgegangen, nämlich ob die bevorzugte Auswahl von Frauen für schwierige Führungspositionen eine sog. "goldene Möglichkeit" ist oder eine subtilere Form von Diskriminierung. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass Frauen in Kontexten, die durch männliche Geschlechtsstereotype geprägt sind, mit größerer Wahrscheinlichkeit von einer riskanten Führungsposition in die nächste geraten. Die Ergebnisse der Studie haben auch vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um eine Frauenquote praktische Relevanz und ist somit auch bedeutsam für die Arbeit von Frauen~ und Gleichstellungsbeauftragten. Frau Lange macht deutlich, dass das Ziel nicht ein gleiches Verhältnis von Frauen und Männern in Führungspositionen sein sollte, sondern das Schaffen von gleichen Chancen und Bedingungen für Männer und Frauen im betrieblichen Kontext.
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Cyberbulling - Risk and protective factors, consequences and prevention
Frau Dr. Schultze-Krumbholz führte 5 Studien durch mit SchülerInnen der Klassen 7 bis 10. Ziel der Studien war, zum Wissen über Cybermobbing in der Adoleszenz hinsichtlich Definitionskriterien, möglichen Risikofaktoren, Folgen von Cybermobbing-Opferschaft und -Täterschaft beizutragen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein Mangel an affektiver Empathie und hohe Werte relationaler Aggression mögliche Risikofaktoren für Opferschaft und Täterschaft bei Cybermobbing darstellen. Die Evaluation des von ihr mit entwickelten Interventionsprogramms "Medienhelden" zeigt, dass es möglich ist, Cybermobbing durch die Förderung von kognitiver und affektiver Empathie im Schulkontext zu reduzieren. Frau Dr. Schultze-Krumbholz leistete in mehrfacher Hinsicht Pionierarbeit. So zählt eine ihrer Studien zu den ersten Längsschnittuntersuchen im Feld Cybermobbing. Eine weitere Studie stellt eine der ersten fundierten Evaluationsstudien dar und das zugrunde gelegte Programm Medienhelden eines der ersten, evaluierten Anti-Cybermobbing-Programme im Schulkontext weltweit.
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„Weiterbildungsbeteiligung im Trend. Die Teilnahme von Akademiker_innen an beruflicher Weiterbildung im Zeitverlauf - 1991 bis 2010“
Frau Dr. Widany zeigt an Hand von Sekundäranalysen, dass der Zugang zur beruflichen Weiterbildung auch bei Hochqualifizierten selektive Strukturen aufweist. Die Teilnahmestrukturen werden vor allem durch den Erwerbskontext beeinflusst. Auch wenn die Frage nach der Chancengleichheit von Männern und Frauen nicht im Vordergrund der Arbeit steht, arbeitet Frau Widany heraus, dass die Teilnahme von Männern häufiger durch den Arbeitgeber finanziert wird, während Frauen ihre Teilnahme vergleichsweise öfter durch private Investitionen realisieren. Sie verweist auf deutliche Parallelen zur geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung. Frau Widanys Arbeit enthält zwei besondere Leistungen, mit denen sie die Weiterbildungsforschung bereichert: Sie integrierte 1) wissenschaftlich fundiert die einzelnen Wellen vorliegender Datensätze zweier aufeinander aufbauender Erhebungen zu einem gepoolten Trenddatensatz. Dann entwickelte sie 2) aus Überlegungen zu unterschiedlichen Theorien und Modellen zur Erklärung von Weiterbildung ein Rahmenmodell, das eine erhebliche Systematisierung für die Teilnahmeforschung leistet und einen innovativen Ansatzpunkt für weitere empirische Studien bietet.
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"Schlaue Mädchen - dumme Jungs?!" Der Einfluss von negativen Stereotypen über Jungen auf Leistung, Motivation und Gruppenprozesse im Klassenzimmer Herr Dr. Latsch führte 8 experimentelle Studien durch mit Schülerinnen und Schülern, die zwischen 14 und 17 Jahre alt waren. Herr Latsch arbeitet heraus, dass die öffentliche Debatte über eine mögliche Benachteiligung von Jungen an Schulen eine Geschlechtstypisierung begünstigt, wodurch Jungen weniger Engagement im Lesen zeigen und ihre Motivation verstärkt auf Mathematik richten, während Mädchen ihre Leseleistungen weiter verbessern. Darüber hinaus kann er einen verstärkten Sexismus aufzeigen - sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen - , der zu einer Stabilisierung von Geschlechterrollen beiträgt. Dabei verhalten sich Jungen verstärkt feindselig sexistisch, Mädchen dagegen verstärkt wohlwollend sexistisch gegenüber Mädchen. Die Tatsache, dass schon vier der Studien in einem Journal mit hohem Impact-Faktor veröffentlicht werden konnte, belegt die Qualität der Arbeit von Herrn Dr. Latsch. Preisträger*innen anderer Jahre
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